Rassebeschreibung

Vierhornziege


Vierhornbock in Wien 1853 (österreichische Nationalbibliothek)

Vierhornziege

 

Die Vierhornziege ist eine Mutante der Hausziege(Capra aegagrus hircus) mit vier statt zwei Hörnern, die erstmals in den österreichischen Alpen auftrat. Die Vierhornigkeit wird dominant und unabhängig von der Färbung vererbt. Daher gibt es Vierhornziegen in verschiedenen Farben – je nach Region. Obwohl die Vierhornziege noch nicht als eigene Rasse anerkannt ist, wird sie im Rahmen von Erhaltungs- und Gen-Studien wie andere gefährdete Haustierrassen beobachtet. Der Handlungsbedarf zu ihrer Erhaltung wird als akut eingestuft.

Herkunft

Die Vierhornziegen werden in Österreich schon seit einigen hundert Jahren gezüchtet und waren in der ganzen Österreich-Ungarischen Monarchie verbreitet. Jetzt gibt es nur mehr Restbestände, die auf ganz Österreich und Deutschland verteilt sind.

Merkmale


Die Vierhornziege ist eine kleine bis mittelgroße kräftige stämmige Ziege mit mittellangem, geradem Rücken, breiten Becken und tiefer Brust. Die Tiere sind in der Regel vierfach behornt, wobei die Geißen ein weniger kräftiges Horn entwickeln. Die Ziegen besitzen einen kurzen Hals in harmonischer Abstimmung mit dem Körper. Der Kopf ist lang und vergleichsweise breit. Das Fell ist mittel- bis kurzhaarig. Es werden auch langhaarige Tiere toleriert.

Der Körper besitzt insgesamt eine einheitlich braune oder schwarze Farbzeichnung in unterschiedlichen Abstufungen, ohne scharf abgegrenzte Übergänge oder Flecken (außer bei den Gescheckten). Bis auf einen hellen Stirnfleck an der Hornbasis oder Strahlenzeichnung, sowie einen kleinflächigen Spiegel im Afterbereich sowie hellen Beinen, weisen die einfarbigen Tiere am gesamten Körper keine rein weißen oder braunen Farbzeichnungen auf. Manche Tiere haben einen dunklen Aalstrich am Rücken und Bauch und helle Beine (Stiefel) unterhalb des Knie- bzw. Sprunggelenkes. Das Gesichtsfeld trägt die Farbe der Mantelzeichnung mit meist dunkelgrauen bis schwarzen Bereichen. Vereinzelt kommen als Farbvariante auch vollständig schwarz gezeichnete Tiere vor. Eine weitere Variante ist die braun-weiß oder schwarz-weiß gezeichnete Vierhornziege. Strahlenzeichnung kommt vor.

In der Phase des Bestandsaufbaues werden alle Farbvarianten toleriert. Bei den Böcken erfolgt ab der ersten Nachzuchtgeneration eine strenge Selektion nach den Rassekriterien, bei den weiblichen Tieren in etwas abgestufter Form.

Verbreitung und Gefährdung


Heute findet man die Vierhornziege noch in Restbeständen in ganz Österreich sowie in einigen Tierparks auch in Deutschland. In Österreich stand das Vorkommen der Vierhornziege bis vor Kurzem vor seiner Auslöschung. Arche Austria hat sich dieser alten österreichischen Gebirgsziegenrasse angenommen und eine Rettungsaktion ins Leben gerufen. Der Bestand beschränkte sich in Österreich im Jahr 2009 auf rund 35 Zuchttiere. Der Bestand an rassetypischen Tieren wird in Österreich auf etwa 70-100 Tiere geschätzt.

Zuchtgeschichte


Die Vierhornziege repräsentiert eine der ältesten Ziegenrassen in Österreich. Schon im Barock waren Vierhornziegen eine Attraktion in den Menagerien der Aristokraten. Prinz Eugen hielt und züchtete sie in seinem Tiergarten.[4] Heute erinnert eine Zucht im Meierhof des von Eugen erbauten Schloss Hof an diese barocke Tradition.[5] [6]

Das Verbreitungsgebiet erstreckte sich später über die gesamte österreichisch-ungarische Monarchie und bis nach Spanien, wo sie mit dort heimischen Ziegenrassen gekreuzt wurde. Das Fehlen einer planmäßigen Zuchtarbeit führte aber schließlich zu einer sukzessiven Verdrängung der Vierhornziege. Da die Vierhornziege in keinem Zuchtverband anerkannt ist und viele Züchter und Halter keinem Zuchtverband angehören (Zootierhaltung), ist es schwierig, überhaupt eine planmäßige Zucht aufzubauen.

Viele Vierhornziegen sehen anderen Rassen sehr ähnlich (Pfauenziege, Tauernschecken). Das hängt mit inzwischen erfolgten Einkreuzungen zusammen, weil viele Züchter keine nicht verwandten Zuchttiere mehr gefunden haben. Darum ist die Zusammenarbeit zwischen den Züchtern und der Zuchttieraustausch besonders wichtig. Der häufigste Farbenschlag ist der gämsfarbige mit und ohne Strahlenzeichnung. Hier dürfte es sich um eine ursprüngliche Farbe und nicht um Einkreuzungen mit Thüringer Waldziegen handeln.

2009 wurde mit der planmäßigen Erhaltungszucht begonnen. Mittlerweile beteiligen sich 9 Züchter und 3 Tierparks in Österreich und 9 Züchter sowie 4 Tierparks in Deutschland an den Erhaltungsmaßnahmen.

Förderungen


Die Vierhornziege ist in der Rasseliste des ÖPUL 2015 nicht als hochgefährdete Ziegenrasse angeführt. Nach Vorliegen der Ergebnisse der genetischen Differenzierung und offizieller Anerkennung durch die ÖNGENE ist noch nicht absehbar, ob die Vierhornziege als prämienfähige Rasse in ein Förderprogramm aufgenommen wird.

Leistungsdaten


Körpermaße

 

Bock

Ziege

Widerristhöhe

60–80 cm

50–75 cm

Körpermasse

50–80 kg

40–75 kg

Zur Absicherung der Milchleistung wird eine Leistungsprüfung der Kitze (30 Tage-Gewicht) durch Eigenkontrolle zwischen dem 30. und 35. Lebenstag durchgeführt.


Weiterführende Informationen:

www.arche-austria.at  (Verein für Erhaltung seltener Haustierrassen in Österreich)

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